Standpunkt
<h1-red-light>Kaum wiederzuerkennen:<h1-red-light> Mit Guhl und Eduscho gehen gleich zwei Traditionsmarken mit komplett neuen, mutigen Auftritten an den Start
„Echt vertraut“ heißt es am Ende des neuen Guhl Commercials, das den Relaunch des Haarpflege-Klassikers einläutet. So wie mir ging es wahrscheinlich vielen, die gestern zweimal hinschauen mussten, ob das jetzt wirklich Guhl ist. Authentische, ungeschönte Aufnahmen von Menschen unter der Dusche und bei der Haarwäsche. Die Bilder entfalten durchaus ihre Wirkung, die Emotionen wirken echt. Die Anbindung an die Marke bleibt jedoch im Unklaren. „Vertraut“ ist vor allem der Name Guhl, mit Einschränkungen auch die Flaschenform, die durch das Re-Design der Labels etwas von ihrer ikonischen Anmutung verloren hat.
Komplett auf „Neu“ wurde aktuell auch die Traditionsmarke Eduscho getrimmt. Die seit Längerem etwas angestaubte Marke Gala findet dort - zumindest über geschmackliche Pendants – eine neue Heimat, verschwindet aber als Marke und Produkt von der Bühne, denn zukünftig gibt Eduscho den Ton an. Allerdings nicht so, wie viele es erwartet hätten, sondern mit einem mutigen Komplett-Relaunch. Eigentümer Tchibo wird mit der neuen Positionierung für Eduscho primär neue Zielgruppen und die Abgrenzung zur Marke Tchibo im Blick haben. Gleichzeitig hat der Kaffeeröster das Risiko einer neuen Marke gescheut und greift stattdessen auf die fast hundertjährige Tradition der Stammmarke Eduscho zurück, die auch vielen Jüngeren noch ein Begriff sein dürfte.
Das Ergebnis ist wahrlich überraschend neu: Tolles Design, das mit jungen Codes frische Farbe ins Kaffeeregal bringt, freche Texte, sympathischer Gesamtauftritt. Die Fans „müssen jetzt tapfer sein“ heißt es bei Eduscho im neuen jugendlichen Ton. Der Hinweis auf die „Kaffeetradition seit 1924“ direkt unter dem Logo setzt einen Kontrapunkt, über den sich im Rahmen des Konzepts sicher streiten ließe.
Dass Marken sich weiterentwickeln müssen, weil die Welt und der Zeitgeist das permanent tun, ist richtig. Dass es ökonomischer ist, eine etablierte Marke zu pflegen als eine neue Marke aufzubauen, trifft auch in den meisten Fällen zu.
Man kann gespannt sein, ob es Guhl und Eduscho gelingt, mit ihren radikal neu eingeschlagenen Richtungen nachhaltig erfolgreich zu sein. Meine persönliche Prognose ist, dass Guhl in absehbarer Zeit erneut versuchen wird, sich neu zu erfinden. Mit mehr Produktstory, mehr Design, mehr Hochwertigkeit – um dann wieder deutlicher anzuknüpfen an Stärken, die Guhl einmal ausgemacht haben.
Die Prognose bei Eduscho fällt schwerer. Die Marke stößt in eine echte Lücke im Kaffeeregal, das im Mainstream von tradierten Marken dominiert wird. Wäre da nicht die Bekanntheit des Namens Eduscho als Pfund in der Waagschale, könnte der alternative Weg mit einer wirklich jungen neuen Markenkreation à la Gustav Gustavo (die mit ihren Premium-Pizzen und seit kurzem auch Eis mutig gegen Dr.Oetker & Co antreten) auch im Kaffeemarkt einiges bewegen. Eigner Tchibo hat sich für die wohl sicherere Lösung entschieden, auf einer bekannten Marke mit Vertrauensvorschuss aufzusetzen. Wir drücken die Daumen!
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